Donnerstag, 18. März 2010

4 Franken gegen Hungertod

Ich bin soeben von einem Vorstellungsgespräch nach Hause gekommen. Das zweite diese Woche... Langsam fängt es an zu rocken! Es lief eigentlich sehr gut. Möglich, dass ich schon bald wieder arbeite. Erstens, waren die ganz zufrieden mit mir und zweitens hatte ich ein sehr gutes Gefühl und ich wurde für einmal nicht wegen meines Aussehens angepisst. Das nenn ich mal ein Fortschritt! Entweder arbeite ich bald bei einer Versicherung oder ich werde Buchhalterin, aahahahahaa... wer mich kennt weiss, dass das seeeeeeeeeeeehr lustig ist! Grundlegend finde ich Buchalter ja komische Menschen, so steril und steif und eintönig und überhaupt so unlustig. Da würde ich ja gleich mal frischen Wind in die Bude bringen!;-)
Danach habe ich beim Einkaufen Francesco getroffen. Kurz zu Francesco: Er wohnt bei uns im Dorf, hat einen Hund, läuft mit ihm ständig herum, arbeitet nicht seit ich ihn kenne (ich kenne ihn schon bald 20 Jahre), kriegt wahrscheinlich Stütze, stinkt manchmal ein bisschen und ist oft schmutzig und steht im ständigen Kampf zwischen Teufel und Gott (er mag beide nicht besonders). Ich mag Francesco und plaudere immer ein bisschen mit ihm. Ich mag verwirrte Menschen obwohl ich mir bei Fancesco oft nicht so sicher bin, ob er das auch wirklich ist. Er hatte sich von seinem letzten Geld eine Packung Milch gekauft, die sein Hund dann ausversehen mit dem wedelnden Schwanz ausleerte. Francesco wurde dann ein bisschen wütend und sagte, dass er bald den Hungertod sterben wird. Er sagte: "Das schlimme ist nicht, dass ich den Hungertod sterben werde sondern dass ich ihn ALLEINE sterben werde. Weisst du Sophie, in Afrika, da sterben sie den Hungertod wenigstens zusammen. Die westlichen Frauen würden aber nie mit dir einen Hungertod sterben. Sobald du kein Geld mehr hast, sind die nämlich weg! Und während in Afrika Menschen den Hungertod sterben, geht unserem Gott einer ab!" Hat er nicht irgendwie recht? Er hat oft eine krasse Ausdrucksweise, doch ich muss sagen, auch wenn es mir manchmal Angst macht: ICH GLAUBE IHN ZU VERSTEHEN. Ich habe ihm dann 4 Franken gegeben, das war alles an Kleingeld, dass ich bei mir hatte. Dann hat er gleich wieder gelacht und da er weiss, dass ich zur Zeit auch keinen Job und kein Geld habe sagte er: "Sophie, falls du auch bald den Hungertod sterben musst, mach das bitte nicht alleine. Nicht dass ich ihn unter der einen Brücke sterbe und und du unter der anderen. Das machen wir dann gemeinsam!"
Den Hungertod sterben muss ich wahrscheinlich noch nicht so bald. Obwohl ich wegen meinem finanziellen Engpass schon ab und zu nicht mehr so gut schlafen kann. Bald gibt es wieder ein bisschen Geld von meinen Aushilfsjobs, dann sollte ich die Kurve wieder kratzen. Aber ob ihr es glaubt oder nicht: Francesco hat mir Kraft gegeben. Wahrscheinlich das einzige, was er noch geben kann.

4 Kommentare:

  1. Erinnert mich an etwas, was mir mal während einer Velofahrt eingefallen ist: "Der einzige unterschied zwischen Zürich und Baden ist, dass man die Verrückten hier beim Namen kennt."

    Man sollte viel eher mal hinhören, was solche Menschen sagen.
    Schliesslich wurden die sauschlauen Leute im Altertum auch alle als Verrückt abgestempfelt.

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  2. Genau, du hast recht. Ich würde gerne noch mehr über Francesco erfahren. Ich weiss leider nicht, warum er so ist wie er ist doch ich weiss, dass er keine Drogen nimmt. D. h. entweder war er zuuuuu intelligent und irgenwie ist ihm dann eine Sicherung durchgebrannt (hört man ja oft) oder ein Unfall... Auf jeden Fall diskutiere ich mit ihm oft lieber als mit "Normalos".

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  3. Deine Aussagen bezüglich Buchhalter sind gefährlich ;-) Natürlich gibts solche, gibt aber auch welche, die gerade das Gegenteil sind. Beim letzten Job beispielsweise spielte der CFO in einer Rockband...
    Zu Francesco und den Beitrag von Simonster: Da kann ich nur beipflichten.
    Aber leider ist die Hürde für viele Leute (und da nehme ich mich nicht raus) zu hoch, sich mit solchen Personen abzugeben :-(

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  4. Ja, meine Aussagen sind öfters gefährlich.;-) Ich gehöre ja dann auch zu der Ausnahme. Ich habe in meiner Reihe von Vorstellungsgespräche mehr kleinkarierte Leute getroffen als offene. Ein bisschen Farbe und Kreativität kann der Bürowelt wirklich nicht schaden!
    Geb dir einen Ruck! Du kannst nicht die ganze Welt retten, aber ein Ohr leihen bewirkt schon sehr viel!

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